Artikel 1
  Zu den Möbel-Skulpturen von Michael Schüttrumpf

M. Schüttrumpf arbeitet mit Holz, Stahl, Glas, bevorzugt mit Naturstein und immer wieder mit Betonfertigteilen der Massenproduktion. Die Möbel-Skulpturen zeichnen sich außer durch die betonte Materialität und formale Strenge durch die offen gelegte Konstruktion aus. Die Form und ihre Durchgestaltung, das Material und seine Bearbeitung, selbst die Konstruktion folgen gestalterischen und ästhetischen Ansprüchen und Vorstellungen.

Diese Objekte lassen sich aufgrund ihrer Gestalt, des dominierenden Materials und seiner Bearbeitung eher als Skulpturen denn als Möbel qualifizieren. Naturstein und Beton sind im Wohnbereich ebenso unüblich wie eine das Material betonende, asketisch oder auch sakral wirkende, einfache Form. Einige der auf wenige Grundelemente beschränkten Möbel-Skulpturen erscheinen in ihrer materialen Schwere und Ruhe als Meditationsobjekte. Ornamentale Bau- und dekorative Gestaltungsprinzipien unterstreichen die feierliche Stille der Möbel-Skulpturen, die alle einem bestimmten Gebrauch dienen wie Möbel jedweder Art.

Die skulpturale Geschlossenheit der Objekte und die Arbeitsweise von M. Schüttrumpf gehören zusammen. Er bearbeitet Naturstein wie Betonfertigteile in der Art des Bildhauers: er nimmt immer nur weg. Allerdings bedient er sich ausschließlich industrieller Techniken, arbeitet nie als Hamdwerker mit Hammer und Meißel. Die Möbel-Skulpturen sind nicht wirklich Skulpturen. Sie folgen, insoweit sie auf ihren Gebrauch hin konzipiert sind, konstruktiven bzw. architektonischen Prinzipien. So ist die Glasplatte des "kleinen Tisches" nachvollziehbar als Funktionselement auf- bzw. eingesetzt und der Stein für ihre Aufnahme sorgfältig hergerichtet. Die materiell-stofflich, konstruktiv und funktionell unterschiedlichen Teile treten für sich in Erscheinung, kommen gleichsam individuell zur Geltung. Es gibt keine formalen oder materialen Verschleifungen. Jeder Farbanstrich verbietet sich von selbst. Das dominierende Material, die Gesamtgestalt der Möbel-Skulptur kommen voll zur Geltung, ohne die anderen, kleineren, weniger gewichtige und formprägenden Teile zu beherrschen. Sie gestalten, für sich stehend, auf Abstand gehalten, damit zur Geltung kommend, das Ganze mit.

Das Architektonische überwiegt auch da, wo das traditionelle Material des Bildhauers, der Naturstein, im Vordergrund steht. M. Schüttrumpf bildet seine Möbel-Skulpturen nicht als plastisch-voluminöse Formen aus. Der Stein fügt sich einer geometrisch-räumlichen Gestalt (ung) ein. Ob Naturstein oder Formsteine aus Beton, die dominierenden Materialien scheinen Fundstücke, die mit äußerster Zurückhaltung für den Gebrauch zugerichtet werden, zu sein. Die Natur des Materials und die Form, in der es verwendet wird, stehen in einem innigen Zusammenhang. Das Wissen um und das Gespür für den Zusammenhang von Material und Form, kommt insbesondere an den neueren Objekten zur Geltung, bei denen ein Material vorherrscht. Die spezifische Materialität und die gewählte Form des Kalksandsteins, Granits, Marmors oder der Betonfertigteile, damit der Möbel-Skulptur insgesamt, werden unterstrichen durch unterschiedliche, dem Material und der Form/Gestalt angemessene Oberflächenbehandlungen.

 
 
   
   
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  Artikel 2 (aus: STEIN Objekt & Gestaltung, 2/2000)
 

Bildhauern mit der Säge

Fast ausschließlich in Stein erarbeitet der junge Osnabrücker Künstler Michael Schüttrumpf seine Objekte. Doch er tut dies ganz konsequent nicht handwerklich, sondern mit maschinellen Verfahren, die darauf sichtbar ihre Spuren hinterlassen.

Der Osnabrücker Michael Schüttrumpf (35) kommt aus der Kunstgeschichte. Er hat eine Galerie mitbegründet, er gestaltet Möbel, er schichtet Collagen und er experimentiert - wenn er nicht als Bauleiter tätig ist - bildhauerisch vor allem in Stein. Ihn bearbeitet er ganz bewusst nicht von Hand.

Alle seine Steinobjekte und Skulpturen besitzen also keine handwerkliche Handschrift. Sie sind nicht mit einem Bildhauerwerkzeug bearbeitet und nicht geglättet, sondern zeigen in Schnittspuren, dass an ihnen die Steinsäge am Werk war, also ein industriell-maschinelles Verfahren, das keine "individuelle Schrift" hinterlässt und folglich objektiviert. Beeindruckend jedoch legt jeder Sägeschnitt an diesen aus Volumen und Konstruktion aufgebauten Objekten eine geologische Verborgenheit offen.

Oft vereint Michael Schüttrumpf in einem Stück das vermeintlich Edle, beispielsweise Sandstein, mit dem Unedlen, mit Beton oder Stahl, und fordert so ein Nachdenken über gebräuchliche Wertvorstellungen heraus. Damit führt er zu der Erkenntnis, dass letztlich nur das Wie und das Was, die Wirkung also, zählt, nicht das Woraus.

 

  Artikel 3 (aus: Naturstein, 5/97)
 

Möbel-Skulpturen

Michael Schüttrumpf baut Möbel. Sie sind nicht aus Holz, sondern aus ganz anderen Materialien, vorneweg aus Naturstein. Bei Michael Schüttrumpf steht der Videorecorder in einem Videowagen aus NERO IMPALA, Briefe werden auf einem Schreibtisch mit Seitenteilen aus SERIZZO-ANTIGORIO verfaßt, und abends legt man sich in ein Bett mit einem Gestell aus ANRÖCHTER DOLOMIT.

Michael Schüttrumpfs Möbel bestehen aus Materialkombinationen, die in dieser Zusammensetzung ungewöhnlich sind: Granit, Marmor, Betonformteile, Metall und Glas setzt er zu Möbeln zusammen, die in seltener Intensität Ästhetik und Funktionalität in sich vereinen.

Mit dem Begriff "Möbel" wird man der Vielschichtigkeit seiner Objekte daher nicht gerecht. Schüttrumpf selbst spricht von "Möbel-Objekten". Prof. Martin Damus von der Universität Osnabrück nennt sie in einer Abhandlung konkreter "Möbel-Skulpturen".

Ohne Knüpfel und Meißel

Damus umreißt Michael Schüttrumpfs Gestaltungsprinzip wie folgt: "Er grenzt unterschiedliche Materialien und Formen, konstruktive und funktionelle Teile konsequent gegeneinander ab, und verbindet die unterschiedlichen Materialien, Formen, Teile zu einer klar gegliederten Gestalt." Dabei bedient er sich bei der Bearbeitung des Naturwerksteins ausschließlich industrieller Techniken - Knüpfel und Meißel verwendet er nicht.

Gemein ist den Objekten, daß sie das Material betonen und formale Strenge ausstrahlen. Durch ihre unkaschierte Konstruktion transportieren sie Offenheit. Die Verbindung der unterschiedlichen Bauteile bleibt nicht im Verborgenen. Gut ist dies am abgebildeten "Videowagen" zu sehen: Selbst so rein funktionale Bauteile wie die Laufrollen oder die Verklammerung der Steinteile bleiben sichtbar.

Stark wirken die Möbel-Skulpturen durch die unterschiedlichen Charaktere der Materialien. Der gespaltene Kalksandstein und die rechteckige, nicht zentriert befestigte Glasplatte des abgebildeten "Kleinen Tisches" wirken zusammen mehr wie eine Skulptur als ein Gebrauchsgegenstand. Die besondere Wirkung des Natursteins zeigt sich hier deutlich. Um noch einmal Professor Damus zu zitieren: "Je gewichtiger der Naturstein in Erscheinung tritt und je weniger unterschiedliche Materialien Michael Schüttrumpf kombiniert, um so stärker tritt das Skulpturale an den Möbel-Skulpturen hervor."
(nie)

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